Aus rund 13 ha entstehen über 20 Positionen, darunter Bubbles, Hoch- und Nullprozentiges; Burgunder abseits jeder Überraschung, wenn man vom Merlot absieht, außerdem Muskateller und Gewürztraminer in einer "Edel & Süss"-Linie, alles in eine vierstufigen Qualitätspyramide gegliedert, die sich an das VDP-Schema anlehnt. Probierpakete gibt es auch, das Weingut ist Teilnehmer der "Pino Magma"-Initiative (siehe dazu unsere Kommentare bei Blankenhornsberg und Abril) und pflegt zudem seit Jahren eine Partnerschaft mit der israelischen Yaffo-Winery, insgesamt alles sehr spannend.

Wir erinnern uns an die Zeit des beginnenden Generationswechsels im Hause Schätzle um 2012, an aufwendige Querverkostungen mit Weinen aus dem Burgund, an einen propagierten „internationalen Stil“ der Weine samt "Grand Cru"-Charakter, mit dem man der gewissen badischen Schläfrigkeit entkommen wollte, andererseits an unseren Wehmut, als zuverlässige Brot- und Butterweine (wie Schätzles phänomenaler Kerner - im Sommer 2021 genossen wir mit großem Vergnügen einen 2009er - aus dem Programm verschwanden und das Weingut immer mondäner wurde. Andererseits: welchem Winzer will man es verdenken, wenn er die Zeichen der Zeit erkennt, danach handelt und auch Kaufkraft abschöpft - und eben nicht in Tradition und Schönheit untergehen will.

Das Weingut Gregor und Thomas Schätzle ist nicht mit dem Weingut Leopold Schätzle zu verwechseln.

Gutsweine

Guter Einstieg in das Programm ist der 2018 Grauburgunder trocken, in seinem köstlichen Duft fast puderzuckrig süß, überbordend melonenfruchtig, im Mund sehr viel strenger und sofort als echter Kaiserstühler zu erschmecken. Stark salziger und mineralischer Nachhall, und da pfeift die Runde auf alles Internationale und gönnt sich eine zweite Flasche, was man angesichts zurückhaltender Bepreisung auch gerne tut. Jung zu trinken, unkompliziert, aber mit Klasse, erfrischend. Dieser Grauburgunder ist würdiger Nachfolger der fröhlichen Terrassenweine, die Schätzle früher anbot. Der 2015 Spätburgunder trocken dagegen war uns zu nichtssagend.

Ortsweine

In dieser Linie von „Löss-Terrassen mit Ton & Basalt-Einflüssen aus den Weinbergen rund um Schelingen“ gibt der Weißburgunder seine Premiere: der 2017 Weißburgunder trocken ist schon wegen seines köstlichen Duftes nach Obstsalat mit Bananen und Kaktusfeige den Versuch wert, und er überrascht beim ersten Schluck mit seiner Kraft, auch Schmelz lauert. Seine gelbfruchtige Aromatik versackt leider im Abgang. Da ist, Duft hin oder her, der 2018 Schelinger Chardonnay trocken die bessere Wahl: Dörrobst, Trockenfrüchte, Heu im Duft, ein fruchtsüßer, quittenfruchtiger, samtiger Wein zum Lutschen, der lange nachhält. Oder der 2018 Schelinger Grauburgunder trocken mit seinen feinen Noten von Melone und reifer Mirabelle, auch er jugendlich kraftvoll, und dies - zusammen mit der intensiven gelben Aromatik und den Noten aus teilweisem Holzausbau - sorgt für einen spannenden, auf der Zunge überraschend weichen Tropfen, mit dem man andauernd im Mund spielt. Der Ortswein markiert mit Intensität und schon gewisser Tiefe den Abstand zum „Gutswein“-Grauburgunder. Auch einen 2015 Spätburgunder trocken gibt es, jedoch begeistert er ebensowenig wie jener aus der Gutswein-Linie: köstliche Duftwelten scheinen Schätzles Spezialität zu sein, und hier ist es Vanillelikör, aber das läßt das Problem bereits erahnen: der Wein ist zu holzlastig, am Gaumen adstringierend, die Frucht strahlt nur am Anfang und wird schnell verdrängt.

Schätze vom Vulkan

Die Weine dieser Linie werden als „filigrane Premier Crus“ beworben. Das Prädikat „Premier Cru“ kann unserer Meinung nach bleiben, wo es hingehört, aber klugerweise hat man sich wenigstens von der früheren "Grand Cru"-Werbung verabschiedet. Und "filigran" müssen Kaiserstühler Tropfen auch nicht unbedingt sein, wenn sie so aromatisch reich ausfallen wie diese beiden: der 2017 Grauburgunder trocken "Schatz vom Vulkan" vereint die Vorzüge seiner Genossen der niedrigeren Stufen: er wirkt auf der Zunge leicht, aromatisch intensiv, saftiger roter Apfel, blumige Noten, saure Früchte, sein Körper fest, prägnante, jedoch seidenfeine Säure. Spätestens mit ihm entsteht die Erkenntnis: Schätzle Schelingen ist eine weitere heiße Adresse für Grauburgunder. Wem das langweilig scheint, möge sich durch die grauenhafte Pinot Grigio-Welle trinken, die sich seit einiger Zeit wieder aggressiver über die bundesdeutschen Szeneviertel ergießt. Ein weiterer „Schatz vom Vulkan“ ist der 2015 Spätburgunder trocken Schatz vom Vulkan, und hier schließen die Schätzles endlich an ihre Tradition bodenständiger, aber geschliffener Weine an: Frucht und feine Süße vollreifer Pflaumen, die zarte Vanillenote, eher zu erahnen, sorgt für Tiefe und ist viel besser eingebunden als bei dem Ortswein-Spätburgunder. Guter Nachgang. Der Wermutstropfen sozusagen im Wein ist dann sein Preis. Hier wird er nämlich dem „Premier Cru“-Anspruch unzweifelhaft gerecht.

Im Spätsommer 2025 schließlich öffneten wir unsere letzte Flasche des 2008 Grauburgunder Reserve Schätzle trocken (und ja: die Jahreszahlen stimmen). Nicht jedem Weißwein sollte man 13 Jahre Lagerung zumuten, wenn er nicht dafür gedacht ist und man sich Enttäuschung samt Ärger ersparen will. Aber wie 2021 mit dem 2009er Kerner schenken die Schätzles uns eine Überraschung. In seiner Farbe durchaus dunkleres Gold, noch unverdächtig. Im Duft extrem facettenreich: Zitrus, Birne und Banane, Melisse, Weihrauch, natürlich Vanille, alles reif, aber sehr reich, sehr tief, ohne jede Schärfe. Im Mund noch kräftig mit nur leiser Ahnung von Auszehrung, wenn man sie unbedingt spüren will. Süßes, gelbes Steinobst, Orangenzeste mit ihrem bitteren Akzent, wieder Birne, Banane, Zitrus und Vanille in der Aromatik. Durchaus noch frisch und saftig. Nicht unbedingt der längste und kräftigste Nachhall, in dem sich noch etwas Minze zeigt, jedoch wer wollte sich darüber beschweren. Uneingeschränkt eine angenehme Überraschung für einen deutschen Nicht-Riesling, selbst wenn er der Spitzenlinien eine hervorragenden Weinguts entstammt.

Der Wein macht Lust darauf, demnächst unseren letzten 2009er Kerner zu testen, und Schätzle zukünftig wieder mal intensiver unter die Lupe zu nehmen. Wir haben nämlich den Verdacht, daß noch mehr angenehme Überraschungen auf Sie und uns warten, selbst wenn wir nicht mehr 13 Jahre Geduld haben wollen.