Auf 6 ha in eigener Lage, dem Höpfigheimer Königsberg, wird fast das gesamte Württemberger Sortenspektrum, Grauburgunder sowie experimentell Spätburgunder angebaut. Krafts Weißweine sind – zumindest in der Jugend – von frischer, kühler, frühlingshafter Art, die Rotweine kräftig, weich, aber nicht charakterlos glatt. Es handelt sich nicht um ein ökologisches Weingut; die Krafts sind sich über Vorteile und Absurditäten ökologischen Weinbaus durchaus im Klaren.

Weißweine

Seien es Klimawandel, wachsende Ambitionen der Erzeuger oder anspruchsvollere Kundschaft: mittlerweile kann - wer an die richtigen Erzeuger gerät - auch Württemberger Riesling mit Vergnügen trinken: Krafts 2011 Riesling trocken QbA ist nicht hart und säurereich, sondern gelbfruchtig und blumig, leicht im Mund: man würde nicht unbedingt vermuten, daß das ein Württemberger ist. Nach längerem Gaumenkontakt fährt der Wein aber die Krallen aus und herbe, kräuterige Spitzen, auch mineralische Noten erscheinen. Im Nachgang kommt die Blumenwiese wieder nach vorne. Unser letztes Exemplar tranken wir im Frühjahr 2020. Da hatte der Wein bereits die Reise Richtung Süden angetreten und war doch noch so kräftig, daß die Noten von Sherry und Herbstlaub nicht störten, sondern die Reste an Frucht eher ergänzten, untermalten und für Spannung sorgten. Der 2011 Muskateller lieblich QbA überwältigte mit reicher sortentypischer Aromatik, faszinierend aber saftig frische Zitrone im Duft, die im Nachgang wieder mächtig hervorkam. Bei der 2010 Cuvee Liana aus Riesling und Muskateller fragte man sich zunächst, wo der Muskateller bleibt: in Duft und Geschmack war Liana rieslinggeprägt, bevor sich erst im Abgang die Frucht des Muskatellers intensiv bemerkbar machte: ein spannendes Aromenspiel. Der Wein war nicht allzu trocken, war von herben, bitteren Noten ausgeglichen, unbedingt terrassentauglich und sollte nicht zu kalt serviert werden, damit die feine Aromatik nicht erfriert.

Rotweine

Im Frühjahr 2016 war es natürlich noch viel zu früh, dennoch konnten wir vom 2015 Trollinger trocken kaum lassen: dunkel in der Farbe, vollfruchtig, leicht cremig, ungemein süffig, aber nach hinten knochentrocken, heiß, stark, robust. Zu dem Zeitpunkt noch holzig-bockig, aber das hatte sich im Winter 2016/2017 abgeschliffen. Großartiger und typischer Vertreter für einen Trollinger-Ausnahmejahrgang. Im Vergleich war der 2009 Lemberger Classic QbA fordernd. Er schmeichelte mit saftig-süßem Cassis-Duft und Noten von Liebstöckel, überraschte beim ersten Schluck dann mit herber, strenger, trockener Art, die später von süßen Gewürzen, wieder Cassis und einem kleinen Kräutergarten etwas eingefangen wurde. Ordentlicher Nachgang, vollmundig, saftig, schon leicht samtig, wirkte dank (heute muß man sagen:) bescheidener 12,5 Vol-% angenehm leicht. Gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Die 2008 Rotwein Cuvee No 3 aus Lemberger, Cabernet Dorsa und Spätburgunder empfahl Ulrich Kraft als Begleiter zur Grillsaison, was viel über die Art der No 3 aussagt: tiefdunkel, weich, samtig und selbstbewußt mit spürbarem Körper. Vorrangig von Lemberger-Aromatik geprägt, aber in Duft und Mund eigenartig hintergründige, schwarzkirschige, herbe Noten, die wohl der Cabernet Dorsa beisteuert. Der Spätburgunder verschwand spurlos. Anders als bei vielen Württemberger Cuvees aus dieser Zeit war die Süße sehr zurückhaltend, was der geschmacklichen Harmonie mit manchen Speisen entgegenkam. Allerdings ließ die Geschmacksfülle stark nach, wenn zu viele Röstaromen im Spiel waren oder der Wein zu warm wurde. Ab in den Eiskübel, die No 3 verträgt das.

Das Programm wird von drei bemerkenswerten Sekten - aus Lemberger, Spätburgunder oder Muskateller - abgerundet. Auch sie sind von einnehmender Weichheit, nicht überfordernder Fülle und feiner sortentypischer Aromatik (wobei der Muskateller die Muskeln spielen läßt); im Gegensatz zu den Weinen ist bei den Sekten der Spätburgunder unser Favorit.