Seit 2005 produziert Arndt Köbelin aromatisch starke und stilistisch schlanke Weine, mit hohem handwerklichen Anspruch gekeltert und ausgebaut, dank ihres ungewöhnlichen Säurespiels frisch und lebendig; der Ökotouch, beispielsweise Spontanvergärung und Kompostierung von Beerenschalen, fehlt auch nicht. Rund 16 ha ideal ausgerichteter Lagen sind hauptsächlich mit Burgundersorten, daneben mit Müller-Thurgau, Riesling, Scheurebe und wenig Muskateller und Gewürztraminer bepflanzt. Wir beobachten das Weingut nun seit sieben Jahren, und die Weine halten mit eindrucksvoller Konstanz ihr hohes Niveau. Daß ihre Preise nun ebenso konstant ein hohes Niveau anpeilen, mag alten Kunden bedauerlich sein, ist aber nur folgerichtig, und das nicht nur der verheerenden Hagelschäden wegen, die sich jedes Jahr einstellen.

Weissweine

Beginnen wir mit dem fruchtige, würzigen 2020 Rivaner trocken. Fenchelgrün, ein Hauch Limette und viel Apfel: stellen wir uns einen frisch aufgebrochenen vor, aus dessen weißem Fruchtfleich zückersüßer Saft tropft. Wenn das Glas in der Sonne steht und sich langsam erwärmt, kommen Muskattraube, süße Ananas und gelbes Kernobst hinzu. Komplex, trotzdem vergnüglich und von sehr gutem Preis-/Leistungsverhältnis. Bei den Weißburgundern gibt es einen frischen, klaren 2011 Weißburgunder Kabinett Gutswein, dank teilweisem Holzausbau vollmundig, aromatisch von grünen Kräutern, Zitrone und Salz bestimmt und mit langem Nachgang. Der 2012er ist aromatisch ähnlich intensiv mit perfekter Balance zwischen Frucht- und salzigen Noten und entfaltet seine Klasse im eindrucksvollen Abgang. Der 2013er ist apfelfruchtig mit leichten Keks- und Kräuternoten, frisch, spritzig und gut gekühlt ideal für die Sommerterrasse. Der 2011 Weißburgunder *** aus der Selektionslinie stammt von 45 Jahre alten Reben, wird im Holz ausgebaut und ruht fast sechs Monate auf der Hefe. Es entsteht ein weicher, alkoholstarker, apfelfruchtiger Wein mit reichen gelben Fruchtaromen im Nachgang. Im Frühjahr 2013 präsentiert sich der gleiche Wein noch fülliger mit einem Hauch Vanille, auf der Zunge seidig, die perfekt eingebundene Säure immer präsent. Und im sonnigen Herbst 2016 spielt er gekonnt den Alleinunterhalter oder auch den perfekten Kontrapunkt zu in Zucker gekochtem Butternut. Im Sommer 2021 öffneten wir unsere letzte Flasche davon, aber der Wein war unaufhaltsam in Richtung Süden unterwegs. Ob der 2019er die Klasse halten kann? Im Sommer 2021 wirkt er noch scheu und versteckt.

Köbelins Grauburgunder...

Sie sind Arndt Köbelins hervorragende Weine, gleich in welcher Produktlinie man unterwegs ist. Die Grauburgunder-Gutsweine präsentieren sich frisch, kräftig, nicht zu süß und in ihrer geschmacklichen Struktur mit Apfel-, Melonen-, Orangen- und Honignoten glasklar. Seit dem 2011 Grauburgunder Kabinett trocken über den jahrgangsbedingt opulenten 2012er bis zum birnenfruchtigen 2013er wurden die Weine immer saftiger, ausdrucksvoller und zugänglicher, und irgendwo verschwamm so die Grenze zu den holzausgebauten Weinen. Der zitruslastige 2014er ist denn auch der erste Vertreter der neuen Machart: im Mund schmeicheln erst Apfel, Kräuter, Teig, Rumrosinen, bevor der kräftige Wein dann mit Säure an der Grenze zum Maximum zuschlägt. Mit ihm hat man einen ernstzunehmenden Gegner im Glas, der keinesfalls jung getrunken werden kann. Der 2015er aus dem für Weißwein so schwierigen Jahr ist für uns ein Zwischenschritt zum 2016er: durchdringend fruchtiger, würziger Duft, kräftig gelbfruchtige Aromatik mit ausgleichenden Noten vom Holzausbau, tief, saftig, ein Musterbeispiel für jenes Phänomen, das man "Schmelz" nennt: dieses ölig-füllige, seidenweiche, wasserziehende Mundgefühl in Verbindung mit einer gewissen Fruchtsüße, die sich erst durch rezente Begleitung herauslocken läßt. Im Vergleich mit dem Weißburgunder ist der 2019er im Herbst 2021 die Wahl.

Die ***-Lösswand-Serie umfaßt Weine mit dichtgepackter, warmer Aromatik. Weich, aromatisch komplex, schwer zu entschlüsseln, saftig, fruchtig, stark, unbescheiden. Birnen- und karamellschwangere Begleiter zu Wild- oder Grillgerichten. Der aktuelle 2016 Grauer Burgunder Holzfass wirkt etwas strenger, rauchiger und salziger mit immer noch vollem Körper, fester Struktur, extremer Aromatik und langem Nachgang. Aber er ist nicht derart überwältigend, daß man nebenher überhaupt gar nichts anderes mehr spüren und genießen kann.

...und seine Spätburgunder

Leicht, spritzig, belebend: 2012 Spätburgunder Rosé Kabinett trocken - kühle, zurückhaltende Aromatik von Walderdbeeren, ausgewogene Süße mit feiner Bitternote, gut eingebundene Säure. Sehr gelungener Terrassenwein, wenn man ihn jung trinkt und auf konstante Temperierung achtet. Bei Erwärmung wird er weicher, was ihn nicht schmälert, ihm aber die Frische nimmt. Und wenn man ihn - zum Beispiel im Winter 2018 - nicht jung trinkt, erinnert er mit seiner immer noch vorhandenen Kraft und reicher Erdbeerfrucht immer noch an den heißen Sommer dieses Jahres. Der 2011 Spätburgunder trocken hielt sich im Duft zunächst vornehm zurück, dafür entfaltete er sich beim ersten Schluck mit roten Früchten, Zimtnoten und ganz leichtem Holz gewaltig: voll, samtig, nicht ohne Duftigkeit, kommt hochklassigen Verwandten aus dem Burgund nahe. Der 2012er ist der Amarenakirschen-Typ. Im Duft vanillebetont und kirschfruchtig, wird er auf der Zunge plötzlich knochentrocken. Ein Wein, mit dem man etwas ringen muß - im Gegensatz zum 2013er, der schmeichelt mit reichem Erdbeeraroma, die Vanille aus dem Holzausbau streichelt den Gaumen. Im Abgang herb und trocken. Der 2012 Spätburgunder *** Drei-Sterne-Selection trocken - im Barriquefass ausgebaut ist noch facettenreicher und fügt sich mit seiner Pflaumen-Gewürznelken-Aromatik in die vordere Reihe der Kaiserstühler ein.

Mit der 2011 Spätburgunder *** Drei-Sterne-Selection trocken Reserve sind wir in der schweren, speckduftigen Fraktion. Im Mund voll, weich und rund, sehr trocken, feine Vanille, Lakritze und weißer Pfeffer, eindrucksvolle Länge, eindrucksvoller Preis. Und es geht noch besser und teurer: 2012 Spätburgunder "Eichenlaub" Barriquefass, Köbelins Spitzenprodukt aus einer 60 Jahre alten Rebanlage. Erstbelegung neuer Barriques. GG-Klasse: Substanz und Feinheit. Die Vanille macht, was sie soll - Volumen und Tiefe schaffen, der Frucht aber viel Raum lassen. Unendlich langer Nachhall, und viel Zeit braucht er: Eichelmann schreibt von Trinkreife ab 2023, was wir für etwas sehr entfernt halten, aber Minimum drei Jahre des Wartens verlangt und verdient der Wein. Eine Probe im Herbst 2016 bestätigte das. Von da war es gar nicht mehr so weit bis zum 2018er. Der junge "Eichenlaub" zog wieder mal alle Duftregister: ein Besuch in der Marzipan-Confiserie, vielleicht des Cafe König in Baden-Baden, der sonnenbeschienene Kräutergarten neben Köbelins Vinothek stand auch Pate. Im Mund voll, füllig, seidenweich und 2021 noch mit einigen Ecken und Kanten. Wer das Geld in die Hand nehmen kann, möge ihn wählen.

Feinherbe und Süßweine

Die Gewürztraminer Spätlese stammt aus der kleinsten Anlage in Köbelins Weingärten. Während uns die 2011er Spätlese ratlos zurückließ, gefällt uns die 2013er Version mit ihrem saftig-bittersüßen Grapefruitcharakter viel besser. Ein wirklich süßer Wein und an der Grenze zur öligen Schwere. Im Vergleich wirkt der 2014er erheblich schlanker und zurückhaltender, und der 2016er setzt das unmittelbar fort und zwar so konsequent, daß man sich fragt, wozu es überhaupt Gewürztraminer sein muß, wenn der Wein dann nicht nach Gewürztraminer schmeckt. Die 2016 Grauer Burgunder Auslese weist für einen ausgesprochenen Süßwein überraschend mineralische Noten auf, wirkt auf der Zunge sehr weich, aber mit fein-perlender Säure frisch. Mehr gibt es zu diesem Wein kaum zu sagen und erst recht nicht zum 2016 Riesling Vulkanstein feinherb.

Wenn es ein Süßwein von Köbelin sein soll, halte man sich nach wie vor an die Scheurebe. Der vollmundige, saftige 2012 Scheurebe Kabinett feinherb aus einer alten Rebanlage nimmt im Duft mit vielfältiger Exotik ein: Orange, Mango, Passionsfrucht lassen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Dort angekommen weicht die tropenfruchtige Aromatik frischen, grünen Aromen und feiner, lebendiger Säure. Saftig, vergnüglich und erstaunlich, was aus der vielgeschmähten Sorte werden kann. Auch die schwere und geschmeidige 2011 Spätburgunder Trockenbeerenauslese mit ihrem sortentypischen, reichen Potpourri von getrockneter Walnuß, kandierten Früchten und Rosinen empfehlen wir gerne.